Fallbeispiel Thomas
Begrüßung
Willkommen
Dieser Kurs eignet sich für die Hochschullehre sowie die Fort- und Weiterbildung und für am Kinderschutz interessierte Selbstlernende.
Neben zahlreichen Filmen und Texten gibt es Übungen, die in dieser und ähnlicher Form auch in der Lehre eingesetzt werden können, begleitet durch Lösungen bzw. fachliches Feed-Back.
Manche Aufgaben ermöglichen eine eigene Bearbeitung des Falles, ohne schon zu wissen, wie dieser sich weiter entwickeln wird. Es empfiehlt sich daher, der Reihenfolge der Filme und Aufgaben nachzugehen.
Die leiblichen Eltern und Geschwister von Thomas leben nicht mehr. Zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte wurden ihre Namen sowie örtliche und zeitliche Bezüge verändert. Das Fallbeispiel Thomas behandelt aus didaktischen Gründen einen Kinderschutzfall, der einen guten Ausgang nahm. Das Sich-Einlassen auf die innere Welt des misshandelten und schwer vernachlässigten Kindes, das über Jahre keinen Schutz durch das Jugendamt erfuhr, kann seelisch dennoch sehr herausfordernd sein. Zugleich aber wird deutlich, dass und wie eine am Kindeswohl orientierte Intervention, Elternarbeit und Hilfeplanung beitragen, dass Kinder auch nach schwerem Mangel und Gewalterfahrungen eine gute Entwicklung nehmen können.
Im Interesse heute betroffener Kinder und Jugendlicher wünschen wir hilfreiche Einsichten, Erfolg bei der Aneignung von Fachinhalten und wichtige Anstöße für die Entwicklung einer am Kindeswohl orientierten Haltung und Praxis.
Thomas und seine Familie, Maud Nordstern, Benjamin Christ, Lothar Eichhorn
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- Thomas und seine Familie
- Prof. Dr. Maud Nordstern, Projektleitung
- Benjamin Christ, wissenschaftlicher Mitarbeiter
- Lothar Eichhorn, Medien und Schnitt
- Stellv. Projektleitung: Prof. Dr. Carola Berneiser
- Beratung: Dr. Monika Nienstedt
- Rechtliche Übungen: Kristina Odak
- Content Operations: Léonie Kaminski, Oliver Gubba
- Wissenschaftliche Mitarbeit: Carolin Lang-Abdou
- Studentische Hilfskräfte: Michael Huber, Amina Ahmed, Marius Abb
1. Praktische Übung: Thomas' Akte
Häufig gibt es in Kinderschutzfällen zu Beginn wenig Anhaltspunkte zur Vorgeschichte, die dann erst in Erfahrung gebracht werden muss. Doch auch mit wenigen Informationen gelingt eine erste Vorstellung davon, was das Kind erlebt haben könnte. Bitte studieren Sie hier die gekürzte Akte von Thomas Diehl.
Notieren Sie in wenigen Sätzen:
- Wie könnte die Kindheit von Thomas ausgesehen haben?
- Wie hat Thomas selbst diese Situation vermutlich erlebt?
- Wie soll es für Thomas nach der Meldung weitergehen?
Vorschlag: Legen Sie ein Lerntagebuch an. Nachdem Sie den Bericht von Thomas gehört haben, können Sie Ihre Antworten reflektieren und mit den Annahmen anderer im Kinderschutz erfahrener Fachkräfte vergleichen.
Lehre: Diese Übung eignet sich für die Einführungsveranstaltung, bevor die weiteren Filme gezeigt und fachliche Fragen vertieft werden.
Aktenauszug aus den Stammdaten (pseudonymisiert)
Name, Vorname | Diehl, Thomas | geb. | 26.03.1966 |
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Sorgerechtsstatus | Ehelich geboren Gemeinsame elterliche Sorge | ||
Zuständiges JA | Jugendamt Grubben | ||
Kindesmutter | Julia Diehl; geb. Schulze | geb. | 15.01.1933 |
Kindesvater | Konrad Anton Diehl | geb. | 14.07.1906 |
Geschwister | Birgit Schulze Kindesvater: unbekannt | geb. | 24.01.1953 |
Übersicht zur Fallakte 1966 - 1972
Datum | Ereignis |
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16.08.1959 | Erkrankung der KM (26 J.) Diagnose Landeskrankenhaus Grubben: Bipolare Störung mit psychotischen Symptomen. |
Mehrfache Zwangseinweisung der Kindesmutter in die Psychiatrie. Dies führt zum Ruhen der elterlichen Sorge über Tochter Birgit. | |
03.11.1965 | Heirat der Kindeseltern |
26.03.1966 | Thomas Geburt |
Zwangseinweisung der KM in die Psychiatrie Birgit und Thomas mehrfach im Heim (Genaue Daten unbekannt) | |
26.03.1972 | Thomas 6 Jahre alt |
27.06.1972 | Birgit Schulze bittet um Heimunterbrindung von Thomas im Kinderheim Sonneberg. Frau Diehl sei verreist, Thomas mit dem angeblich dementen Vater allein, er befürchte Schläge und streune laut Nachbarn draußen herum. |
Motivation
Nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre leisten Betroffene wertvolle Beiträge zum Verständnis ihrer Erfahrungen und ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema „Kinderschutz“. Thomas schildert in diesem Film, wie die Idee zu diesem Projekt entstand. Er geht auf seine persönlichen Gründe ein und lässt uns an seinen Überlegungen zu möglichen Konsequenzen als mitwirkender Betroffener teilhaben.
Dauer: 5 Minuten